Phillips-Kurve

Phillips-Kurve
1. Charakterisierung: Die ursprüngliche P.-K. geht auf den britischen Ökonometriker  Phillips (1958) zurück und beschreibt die Beziehung zwischen Arbeitslosenquote und Geldlohnsteigerungen in Großbritannien für einen Zeitraum von rund 100 Jahren. Eine modifizierte P.-K. die auf  Samuelson und  Solow zurückgeht, ergibt sich, wenn eine feste Beziehung zwischen Nominallohn- und Preisniveauänderungen unterstellt wird. Aus der ursprünglichen P.-K. wird dadurch ein Zusammenhang zwischen Inflationsrate und Arbeitslosenquote – die heute allgemein übliche Form (vgl. Abbildung „Phillips-Kurve“).
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2. Bedeutung: Der modifizierten P.-K. käme wirtschaftspolitisch eine ausschlaggebende Bedeutung zu, wenn die Beziehung einerseits quantitativ annähernd exakt bestimmbar und andererseits im Zeitablauf nachweislich stabil wäre. Aus wirtschaftspolitischer Sicht würde dann ein politisch ausnutzbarer negativer Trade-off zwischen Inflationsrate und Arbeitslosenquote bestehen. Ein Rückgang der Arbeitslosenquote über expansive Maßnahmen der Konjunkturpolitik wäre in diesem Fall möglich, würde aber erkauft werden mit einem Anstieg der Inflationsrate. Vielfältige Modifikationen, Alternativtheorien und Tests machen zwar deutlich, dass der Zusammenhang zwischen Inflationsrate und Arbeitslosenquote sicher vorhanden ist, jedoch wegen anderer Einflussfaktoren (Struktur der Wirtschaft, Produktionstechnik, Präferenzen und Verhaltensweisen, außenwirtschaftliche Zusammenhänge, Wettbewerbs- bzw. Machtverhältnisse, Erwartungen über die zukünftige Entwicklung u.a.) nicht als stabil angenommen werden darf. Form und Gestalt der P.-K. werden bes. im Konjunkturablauf ständig variieren. Wirtschaftspolitische Empfehlungen auf der Basis bestimmter P.-K. sind deshalb kritisch zu beurteilen.
- 3. Varianten: Die monetaristischen und neuklassischen Variationen zur P.-K. betonen die Erwartungsbildung als Determinante. Die Lage der P.-K. variiert mit den Inflationserwartungen (Π*):Π = f(u) + Π*.
a) Die monetaristische Version unterstellt eine asymmetrische Informationsverteilung von Unternehmern und privaten Haushalten. Während die Produzenten die Inflationsrate stets perfekt antizipieren, unterliegen die Arbeitsanbieter bei der Prognose von Π temporär einem Inflationserwartungsirrtum. Dieser tritt auf, weil sie von autoregressiven Erwartungen ausgehen, z.B. von der einfachen statischen Erwartungshypothese Πt* = Πt-1. Kurzfristig ist dann ein Rückgang der Arbeitslosenquote durch expansive Maßnahmen (v.a. der Geldpolitik) zu Lasten höherer Inflationsraten möglich, weil die Arbeitsanbieter die tatsächliche Inflationsrate zunächst unterschätzen. Dadurch ist ein Rückgang der Arbeitslosenquote u unter das Normalniveau u̅ möglich. Nach Anpassung der Inflationserwartungen – d.h. langfristig gilt Πt* = Πt = Πt-1 und damit f(u) = 0 – wird die  natürliche Arbeitslosigkeit wieder erreicht (langfristige Ineffizienz der Konjunkturpolitik aufgrund einer langfristig vertikalen P.-K.). Von geldpolitischen Maßnahmen können aus monetaristischer Sicht also nur temporäre realwirtschaftliche Effekte ausgehen.
- b) Die neuklassische Version ( Neue Klassische Makroökonomik) unterstellt eine symmetrische Informationsverteilung bei den Wirtschaftssubjekten und geht bereits kurzfristig von rationaler Inflationserwartungsbildung aus (Πt* = E(Πt/ It-1), wodurch systematische Erwartungsirrtümer ausgeschlossen werden. Durch diese Annahme erhält man eine bereits kurzfristig senkrechte P.- K. Expansive Maßnahmen der Geldpolitik führen jetzt selbst in der kurzen Frist nicht zu positiven Beschäftigungseffekten. Dies setzt allerdings eine systematisch betriebene Geldpolitik voraus. Unsystematische Geldpolitik ist demgegenüber auch bei rationaler Erwartungsbildung der Marktteilnehmer mit Realwirkungen verbunden, da sie unsystematische (zufallsabhängige) Prognosefehler erzeugt, die wiederum zu Abweichungen der Mengenvariablen von ihren Normalniveaus führt.
- Die Hauptschwäche der monetaristischen und neuklassischen Argumentation liegt in der Behauptung eines stabilen, eindeutig definierbaren Gleichgewichts (natürliche Arbeitslosenquote).
- Bedeutung: Empirische und theoretische Analysen deuten darauf hin, dass in der Realität eher Ungleichgewichtssituationen vorliegen. Für Ungleichgewichte ist die monetaristische und neuklassische Analyse irrelevant. Zudem muss auch ein beträchtlicher Teil der Arbeitslosigkeit bei Nullinflation als unfreiwillig und nicht-optimal angesehen werden, da ein Makrogleichgewicht nicht gewährleistet, dass alle Sektoren, Branchen und Märkte ebenfalls im Gleichgewicht sind. Im Übrigen müssen auch hier die anderen Einflussfaktoren konstant sein, was in der Realität nicht der Fall ist.
- Vgl. auch  Geldtheorie.

Lexikon der Economics. 2013.

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